Schiffsbeteiligungen
Was soll man dazu noch sagen?
Vielleicht sind es die leidvollen Erfahrungen mit
den schiffsfinanzierenden Banken im Zusammenhang mit Betriebsfortführungskonzepten
und anderen Problemen als Nachwirkungen der Krise. Aber es ist
einfach an der Zeit, dass die Öffentlichkeit mal erfährt,
wie sich der Umgang bestimmter Institute mit ihren Kunden darstellt.
Deswegen haben wir diesen Artikel für
Sie in der Zeitschrift HANSA 03/2011 geschrieben.
Den Originalartikel finden Sie zur freien Verwendung als PDF-Datei
ganz unten zum Download!
Die penible Steuermannskunst latenter
Manipulation ist nicht mehr gefragt und verblieben ist die Projektion
einer Wirklichkeit, die dem Manipulator als einziges den Selbstmord
belässt. Mit dieser Umschreibung des Theaterstückes
"Change" von Wolfgang Bauer aus dem Ende der 1960iger
Jahre kann man die Verhaltensmuster deutscher Banken und die Entwicklung
der letzten zwei Jahre in der Schifffahrt am besten umschreiben.
Der "Ölprinz", abgeleitet
aus seiner zur Schau gestellten Frisur, ist von der Bühne
abgetreten, aber scheinbar sitzen auch andere Mitarbeiter des
"Größten" Schiffsfinanzierers der Welt nicht
mehr an den Stellen, wo man sie vermutet. Ist dies der Umbruch
einer ganzen Bank oder nur der Bruch von Aussagen und Verhaltensmaßregeln,
die mir glaubhaft dargelegt wurden in einem persönlichen
Gespräch bezüglich der Abbaubank, über das ich
hier im letzten Jahr geschrieben habe.
Wahrscheinlich hat die Entwicklung
der Märkte, insbesondere in der Containerschifffahrt, dazu
beigetragen, die vorgegaukelte Vertragstreue, die ich in dem Artikel
über die Abbaubank beschrieben habe, völlig in Vergessenheit
geraten zu lassen. Anders ist nicht erklärbar, was beim größten
Schiffsfinanzierer der Welt derzeit abgeht. Wobei ich mit der
Vokabel "Größten" ohnehin meine Probleme
habe. Da gab es schon öfter mal sogenannte oder selbsternannte
Größte, die nicht gerade ruhmreich endeten.
Portfolien, Engagements und Kredite
entsprechend ihrer vertraglichen Bedingungen weiter laufen zu
lassen und somit zu den eingegangenen Verpflichtungen zu stehen,
war das klare Bekenntnis. Aber daran erinnert sich keiner mehr,
wie auch, wenn die alle weg sind? Mit solchen Aussagen versuchte
die Bank, ihre Klientel, die in Bedrängnis war, zu beruhigen,
aber was sind diese Aussagen heute noch wert? Soviel wie die oft
zitierte Aussage unseres Altkanzlers Adenauer: Was interessiert
mich mein Geschwätz von gestern?
In exakter Anlehnung an diese Aussage
sieht die heutige Realität leider aus. Man steht zwar zu
den eingegangenen Verpflichtungen, aber betrachtet diese heute
mit ganz anderen Augen. Dies wurde vielen Betroffenen aus dem
Bereich der Schifffahrt sehr klar durch die Ausführungen
von Herrn Björn Nullmeyer von der Bremer Landesbank als er
auf dem HANSA-Forum im November 2010 meinte: "Nach dem dritten
Jahr sind weitere Tilgungsstundungen nur bei einer stark erhöhten
Risikoeinstufung des Kredits mit entsprechend hoher Eigenkapitalhinterlegung
seitens der Bank möglich".
Keiner der anwesenden Banker anderer
schiffsfinanzierender Banken fühlte sich genötigt, zu
dieser Aussage irgendeinen Kommenatr abzugeben. Im Gegenteil,
zufriedenes selbstgefälliges "in die Runde schauen"
begleitete diese Aussage. Natürlich gibt es kein ehernes
Gesetz was besagt, dass man nur für maximal zwei Jahre die
Stundungen der Tilgungsleistungen gewähren darf und ein diesbezügliches
Lex Specialis gibt es nicht. Vielmehr scheint es sich um eine
selbst definierte Schmerzgrenze zu handeln und die Folgen sind
in der Schifffahrt bereits zu spüren. Ein bißchen erinnert
das an den Trivialspruch: Pack schlägt sich, Pack verträgt
sich! Interessanterweise fangen die schiffsfinanzierenden Banken
an, einander ähnelnde Vorgehensweisen an den Tag zu legen,
aber warum?
Genau diese Vorgehensweise ist es,
die die Schifffahrt in unnötige Bedrängnis bringt, in
einer Phase, in der dies absolut nicht notwendig wäre. Die
Containerschifffahrt ist davon am stärksten betroffen, weil
sie über Jahre hinweg das Segment mit der größten
Anzahl von Schiffen im Kapitalanlagemarkt war. In einer Phase,
in der sich dieses Marktsegment deutlich erholt und die Schiffsgesellschaften
sich zusehends den Bereichen nähern, in denen auch wieder
etwas Geld verdient wird und man sich über jeden zusätzlichen
Dollar freut, der durch weiter steigende Charterraten im Markt
erzielt werden kann, entwickeln sich die Banken in der Schifffahrt
zu modernen "Raubrittern"! Im Mittelalter schritten
die Landesherren ein, wenn das Treiben der Raubritter zu arg wurde
und zogen sie zur Rechenschaft. Hoffentlich kommt das wieder!
Die Art und Weise wie die Banken
mit der Schifffahrt derzeit umspringen, ist mehr als nur bedenklich.
Es werden Margen, also genau die Beträge, an denen die Banken
im Rahmen von Finanzierungszusagen verdienen, gnadenlos erhöht.
Ein Verdreifachung dieser Margen auf mittlerweile 6 Prozent sind
keine Seltenheit und die wirtschaftlichen Auswirkungen sind für
die Schiffsgesellschaften verheerend. Wenn man sich ein Kreditengagement
von z.B. 10 Mio. Dollar vorstellt, dann bedeutet eine Margenerhöhung
von bisher 2,5 Prozent auf 6 Prozent eine Zinsverteuerung von
TUSD 350 pro Jahr. Um eine solche Zinserhöhung aufzufangen
müßte die Schiffsgesellschaft, ab in Kraft treten der
Margenerhöhung, eine um rd. 960 Dollar höhere Tagescharterrate
erzielen, um den Schaden zu kompensieren. Die Charterraten sind
zwar im Steigen begriffen, aber solche Sprünge machen die
auch nicht.
Welcher Sinn steckt dahinter? Will
man mit diesen schmutzigen Kunstgriffen die Kundschaft zwingen,
die Bank zu verlassen? Längst kursiert im Markt das Gerücht,
die Mitarbeiter der Abbaubank erhalten für jeden "abservierten"
Kunden, der die Abbaubank nicht länger belästigt, eine
Prämie. Überraschen würde es mich in dem perfiden
Prämiensystem der Banken nicht, wenn es so wäre.
Aber der Reigen des Abzockens unter
dem Deckmantel der mangelnden Eigenkapitalhinterlegung ist gerade
erst eröffnet worden. Die Selbstbedienungsmentalität
der Banken scheint in ihrer Kreativität eine Eigendynamik
angenommen zu haben, dass einem Angst und Bange werden kann hinsichtlich
der wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Schifffahrt. Es werden
Gebührenstrukturen geschaffen, die wir bislang nicht kannten.
Dies rangiert dann unter dem Begriff der erhöhten Risikoeinstufung
eines Kredites.
So wird zusätzlich zur üblichen
Bearbeitungsgebühr wird eine jährliche Bereitstellungsgebühr
von einem Prozent der zugesagten Kreditvolumina, auch des Kontokorrentes,
in Rechnung gestellt. Für den Fall des Verkaufs eines Schiffes,
bei termingerechter Rückführung der Kredite wird eine
Break-Up-Gebühr erhoben, egal ob eine Zinsbindung besteht
oder nicht. Im Zusammenhang mit der Absicherung neuer Kredite,
oder auch bestehender Kredite, bei denen nachverhandelt wird,
werden alle nur erdenklichen Sicherheiten abverlangt, die aus
dem Betrieb eines Schiffes entstehen können. Dies erstreckt
sich bis hin zu sämtlichen Versicherungsansprüchen,
die im Rahmen einer ganz normalen Absicherung eines Schiffes überhaupt
entstehen können.
Aber in meinen Augen wird die Spitze
damit erreicht, dass neue Kreditunterlagen mittlerweile von Anwaltskanzleien
aufgesetzt werden und zur Unterschrift vorgelegt werden. Da Anwälte
üblicherweise ihre Honorare für Vertragsausarbeitungen
nach der Gebührenordnung der Anwälte (RVG) abgerechnen
und diese Gebührenordnung nicht gerade am Sozialsystem ausgerichtet
ist, kommen hier weitere erhebliche Kosten beim Neuabschluß
von Kreditverträgen auf die Schifffahrt zu. Das wirft die
sarkastische Frage auf, wozu sitzen diese ganzen "Innendienstranger"
dann eigentlich noch in der Bank? Wenn die Arbeitsleistung "outgesourct"
ist, dann könnte man die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen
aus den Krediten mit Computern überprüfen und spart
Personal.
Eine besondere Problematik hat sich
aus der Umfinanzierung von Schiffshypotheken in eine andere Währung
ausserhalb des US-Dollars ergeben. Dazu wurden in der Vergangenheit
aus Gründen einer deutlichen Zinsersparnis Wechsel in den
Yen vorgenommen. Es wurden Teiltranchen der in Dollar valutierenden
Schiffshypotheken in den Yen umgestellt. Die Darlehenstranche
im Yen war nachrangig und auf mehrere Jahre festgeschrieben und
es wurde nur verzinst, aber nicht getilgt. Solche Finanzierungsumstellungen
waren bis in die Krise hinein üblich und ganz normales Bankgeschäft.
Allerdings hatten diese Währungsumstellungen einen Haken,
die sogenannte 105 Prozent-Klausel.
Diese Klausel besagt vereinfacht
dargestellt, dass bei einem Währungswechsel eines Teils der
Schiffshypothek beispielsweise aus dem US-Dollar in den Yen, der
Ursprungsbetrag der US-Dollarhypothek durch Veränderungen
in dem Kursverhältnis zwischen Dollar und Yen nur bis zu
maximal 105 Prozent überschritten werden darf. Sollte sich
der Währungskurs so schlecht entwickeln, dass der Ursprungsbetrag
der konvertierten Dollarhypothek um 105 Prozent überschritten
wird, dann muß das Yen-Darlehen soweit getilgt werden, dass
diese Grenze wieder eingehalten wird.
Dies ist durch die Marktentwicklung in den letzten Monaten, auch
ausglöst durch die Weltwirtschaftskrise, der Fall gewesen,
weil der Yen sich gegenüber dem US-Dollar deutlich verstärkt
darstellt und diese besagte 105-Prozentkklausel in vielen Fällen
greift. Die Folge ist, dass die Bank eine Rückführung
dieser Position verlangen kann, obwohl dies aus wirtschaftlichen
Gegebenheiten heraus gar nicht notwendig wäre.
Auch in diesem speziellen Finanzierungsbereich
gibt es eine ganz neue Vokabel für Gebühren, die man
verlangt, damit die Bank bei der Verletzung der oben beschriebenen
105-Prozent-Klausel stillhält. Diese Gebühr für
den Verzicht auf die Geltendmachung der Klausel nennt sich "Neudeutsch"
Waiver Fee und beträgt wenigstens ein Prozent des den 100
Prozent übersteigenden Betrages der 105-Prozentklausel. Diese
Gebühr wird jeweils pro Quartal mit einem Prozent erhoben.
Eine besondere Bedeutung kommt dieser
105 Prozentklausel allerdings zu durch ein außergewöhnliches
Geschäftsgebahren, dass die Schiffsfinanzierer in der Zeit
von Ende 2007 bis Anfang 2009 an den Tag legten. Ob in Ermangelung
weiterer Kreditierungen im US-Dollar oder aus reinem Geschäftsinteresse,
mit Stillhalterprämien und Optionen Geld zu verdienen, war
ein Geschäftsmodell entwickelt worden, dass sehr nachdrücklich
von den Banken empfohlen wurde und von vielen Schifffahrtsgesellschaften
auch dankbar umgesetzt wurde, um Kosten zu sparen.
Die Rede ist von Zinsswapgeschäften
mit bedingtem Kapitaltausch. Zur Verbilligung der Zinskosten in
der Schiffsgesellschaft wurden Zinsswaps auf den Yen abgeschlossen,
die eine festgelegte Laufzeit hatten. Wenn das Laufzeitende erreicht
war, wurde das Geschäft beim Erreichen bestimmter Grenzen
komplett in den Yen umgestellt und fortan lief eine Teiltranche
der ursprüglichen Dollarfinanzierung im Yen. Solange das
Zinsniveau entsprechend positiv zu Gunsten des Yen gegenüber
dem Dollar war, ging das Geschäft auf. Aber im Zuge der Krise
sank das Zinsgefüge im Dollar sehr weit ab und es gab fast
keinen Unterschied mehr, ob die Hypothek im Dollar oder im Yen
lautete.
Die Probleme aus diesen Geschäften
traten erst zu Tage, als der Yen nach der Wirtschaftskrise einen
Aufschwung nahm und sich der Währungskurs zu einem deutlich
stärkeren Yen entwickelte. Der Bank war das Ergebnis für
die Schiffsgesellschaften egal, sie hatte aus der Transaktion
ihr Geld verdient und das allein zählte.
Aktuell für genau diese von
der Bank initiierten Geschäfte ebenfalls die 105-Prozent-Klausel
zur Anwendung zu bringen, erinnert an den Zauberlehrling mit seiner
verzweifelten Aussage: "Die ich rief, die Geister werd ich
nun nicht los". Aber die Banken haben zur Bekämpfung
dieses Problems als Zauberspruch die 105-Prozent-Klausel parat.
Das ist richtig cool,oder?
Sehr erschwerend kommt zu diesen
Problemen die scheinbar grenzenlose Unfähigkeit der Banken
hinzu, Entscheidungen zu treffen. Mehrere Emissionshäuser
haben Sanierungskonzepte in Abstimmung mit den finanzierenden
Banken entwickelt und anschließend durchgeführt. Nachdem
diese Konzepte erfolgreich umgesetzt wurden und die Gelder der
Gesellschafter der Schiffsgesellschaften auf Treuhandkonten lagen
und somit sämtliche Bedingungen der Banken erfüllt waren,
wurden die Banken gebeten, nunmehr die ihrerseits damit verbundenen
Zusagen in die Tat umzusetzen, damit das eingezahlte Geld zweckentsprechend
eingesetzt werden kann. Bei einer Reihe von Gesellschaften hat
die Entscheidung der Banken Monate gedauert oder steht nach wie
vor aus. Die Gelder zur Sanierung sind vorhanden, aber sie können
mangels Entscheidung der Banken nicht eingesetzt werden. Hier
stellt sich die berechtigte Frage, ob die Banken noch wissen,
was sie eigentlich tun!
Andere Fälle sind bekannt, bei
denen das Sanierungskonzept in Abstimmung mit der Bank entwickelt
und den Gesellschaftern der Schiffsgesellschaften entsprechend
kommuniziert wurde. Zu diesem Zweck hat man Gesellschafterversammlungen
einberufen, Tagungsörtlichkeiten wurden angemietet, sämtliche
offiziellen Gremien wie Treuhänder, Geschäftsführung,
Beirat und Wirtschaftsprüfer reisten an, um das Modell den
Gesellschaftern vorzustellen. Nachdem sämtliche Beschlüsse
der Gesellschafter gefasst wurden und alle Schritte eingeleitet
wurden um die Konzepte erfolgreich umzusetzen, besannen sich die
finanzierenden Banken eines Anderen und stellten weitere Forderungen,
die sie noch erfüllt haben wollten.
Die gesamte geleistete Arbeit wurde damit zur Farce und abgesehen
von den Aufwendungen, die die Gesellschafter selbst getragen haben,
um an den Gesellschafterversammlungen teilzunehmen, waren die
Aufwendungen der gesamten Organisation für solche Veranstaltungen
für den Schornstein. Muß sowas sein?
Momentan sind die Verhaltensweisen
der Banken sehr grenzwertig! In einer Phase, in der bei den Containerschiffen
jeder Dollar zählt, den sie durch den steigenden Markt mehr
verdienen können, werden die Schiffsgesellschaften mit zusätzlichen
Kosten überfrachtet, die das Ergebnis gar nicht her gibt.
Sinnvoller wäre es hier, Regelungen zu finden, damit die
Banken bei den erwirtschaftbaren Altkonditionen bleiben und sich
Besserungsscheine für die Zukunft geben lassen, mit denen
sie in stabilen Chartermärkten höhere Margen erhalten,
um damit ihr Stillhalten honoriert zu bekommen.
In der gegenwärtigen Situation
wäre maßvolles, weitsichtiges Handeln der Banken angesagt,
aber das scheinen sie verloren zu haben. Der Faden des Damoklesschwertes
über der Schifffahrt wird immer dünner und wirtschaftlich
sinnvolle Lösungen rücken in immer größere
Ferne. Übrig bleibt die eigenverantwortliche Demontage der
Existenz der schiffsfinanzierenden Banken in der Schifffahrt.
Die Vorgeblichkeit der Rückbesinnung auf ihre Kernkompetenz,
der Schiffsfinanzierung, wird dadurch zur Farce. Die sich anbahnende
Zerstörungswut in der Schiffsfinanzierung nähert sich
dem eingangs beschriebenen Selbstmord.
Da dieser Artikel auf eine unglaubliche Reaktion
in der Leserschaft gestoßen ist und viele Anfragen kamen,
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aus der
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