Schiffsbeteiligungen
Rette mich wer kann, vom Überleben
in der Krise
Für Sie geschrieben in der Zeitschrift HANSA 12/2009
Charterraten, die aktuell unter
den Schiffsbetriebskosten liegen, bringen zwar einen gewissen
Deckungsbeitrag, aber nachhaltig verliert die Einschiffsgesellschaft
an finanzieller Substanz. Noch prekärer ist die Situation
bei Schiffen, die bereits beschäftigungslos aufliegen. Spätestens
wenn die Liquidität aufgebraucht, bestehende Kontokorrentlinien
ausgeschöpft sind und die Banken weitere Engagements ablehnen
steht die Geschäftsführung am Scheideweg: Insolvenz
oder Sanierung von Fonds.
Man spricht von Sanierungskonzepten,
Restrukturierungsmodellen, Bestandser-haltungsmodellen und Betriebsfortführungskonzepten,
aber eines haben sie alle gemeinsam, es ist der nackte Überlebenskampf
in einer Krise, die die Existenz vieler Fonds gefährdet.
Die Grundsatzüberlegung, die sowohl die Geschäftsführung
der Fondsgesellschaft einerseits und die Gesellschafter des in
finanzielle Not geratenen Schiffes andererseits anstellen muß,
endet in der Frage: Macht es überhaupt Sinn, den Fonds zu
sanieren?
Acht entscheidende Kriterien müssen
für die Beantwortung dieser Frage untersucht werden. Welcher
Schiffstyp liegt vor, wie alt ist das Schiff, wie war die bisherige
Performance, wie hoch ist die Verschuldung und welchen Unterschiedsbetrag
weist das Schiff aus. Dies sind die entscheidenden Aspekte in
Bezug auf den Sachwert Schiff. Die Plausibilität des Worst-Case-Szenarios
für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Sanierungskonzeptes,
die Bedienung und Rückführung des Nachschusskapitals
und die Einräumung der Stimmrechte für das Nachschusskapital
sind die weiteren Knackpunkte im Sanierungskonzept.
Die Frage des Schiffstyps ist nur
interessant in Bezug auf die Größe des Schiffes, weil
bislang von den finanziellen Problemen in der Hauptsache Containerschiffe
betroffen waren und da ist es insofern interessant in welcher
Größenklasse das Schiff einzuordnen ist. Dies ist entscheidend
für die Marktprognosen, die die unterschiedlichen Analyseinstitute
für die verschiedenen Größenklassen abgeben. Wichtiger
noch ist die Frage des Alters des Schiffes. Ein Schiff mit einem
Alter von 8 - 12 Jahren seit der Infahrtsetzung hat üblicherweise
noch eine wirtschaftlich sinnvoll nutzbare Lebensdauer von gut
10 - 15 Jahren, vielleicht sogar etwas mehr. Geht man davon aus,
dass die Märkte bis Mitte 2011 oder gar Anfang 2012 wieder
in ein auskömmliches Ratenniveau steigen, dann wird die Gesellschaft
in der Lage sein, das Nachschusskapital zu bedienen und alle Anleger
profitieren davon!
Ist das Schiff 15 Jahre und älter
- die Zone zwischen 12 und 15 Jahren ist grenzwertig - muss man
sehr genau überlegen, ob das Nachschusskapital überhaupt
bedient, geschweige denn zurückgeführt werden kann in
der Restlebensdauer des Schiffes. Ein 15 Jahre altes Schiff hat
üblicherweise noch eine wirtschaftlich sinnvolle Lebensdauer
von maximal 10 Jahren. Auf Grund der befristeten wirtschaftlichen
Lebensdauer kann bereits an dieser Stelle ein Sanierungskonzept
scheitern, mangels nachhaltiger Perspektiven. Man kann bei realistischer
Betrachtung davon ausgehen, dass das Schiff frühestens in
2 oder 3 Jahren wieder genügend Geld verdient, um selbst
finanziell tragfähig zu sein und das verringert den verbleibenden
Zeitraum in dem man das Nachschusskapital zurückführen
kann drastisch.
Die bisherige Performance eines Schiffes
trägt wesentlich zum Erfolg eines Sanierungskonzeptes bei.
Sind sämtliche prospektierten Ausschüttungen erbracht
worden oder nur Teile oder gar nicht? Je mehr sich die Performance
zum Positiven neigt, also prospektkonform und besser, um so einfacher
ist die Durchsetzung eines Sanierungskonzeptes, weil der Anleger
bei bisher guter Performance seines Schiffes eher hilft als bei
einem nicht performenden Schiff.
Ein bereits längere Zeit laufendes
Schiff muß auf seinen Verschuldungsstand überprüft
werden. Sind Tilgungsraten prospektgemäß geleistet
und evtl. sogar Sondertilgungen erbracht worden, macht es auf
jeden Fall Sinn über ein Sanierungskonzept nachzudenken,
weil ein performendes Schiff im Bereich der Prospektdaten oder
besser eine sehr viel größerer Chance hat die Krise
mit Hilfe seiner Gesellschafter zu überstehen, als ein Schiff,
was schon mehrfach mit Tilgungsaussetzungen und/oder Streckungen
arbeiten mußte.
Das wichtigste Kriterium in Bezug auf den Sachwert Schiff bei
den Schiffen, die noch aus den Zeiten der Verlustzuweisungsmodelle
stammen, ist die Höhe des Unterschiedsbetrages, der beim
Wechsel zur Tonnagesteuer ermittelt worden ist. Hier ist einfach
das Rechenexempel maßgebend für die Entscheidung. Dies
gilt primär für die Schiffe, die so um die 10 Jahre
alt sind. Ein Beispiel verdeutlicht dieses Problem.
Ein 1100 TEU-Containerschiff ist
seit 09/1998 in Fahrt. Das benötigte Nachschusskapital für
die Sanierung beträgt 15% des Nominalkapitals. Das Schiff
fährt, aber die Raten reichen nicht aus um den Kapitaldienst
zu leisten und die SBK liegen etwas über der Einnahme. Wenn
die Gesellschafter ihrem Schiff nicht helfen, dann bleibt nur
die Insolvenz mit allen Konsequenzen. Der Insolvenzverwalter fordert
zunächst die bisher geleisteten Ausschüttungen zurück.
Bei den Ausschüttungen (hier 20% des Kommanditkapitals) handelt
es sich um Kapitalrückzahlungen, die der Insolvenzverwalter
gem. § 171 Abs. 2 und § 172 (4) HGB zurückfordern
kann, der Anspruch ist einklagbar. Geht man im Optimalfall davon
aus, dass aus der Verwertung des Schiffes sämtliche Schulden
gezahlt werden können (gegenwärtig eher unwahrscheinlich
weil keine guten Verwertungserlöse erzielt werden), dann
meldet sich nach der Auflösung der Schiffsgesellschaft das
Finanzamt und macht die Besteuerung des Unterschiedsbetrages geltend.
Der beträgt bei diesem Schiff aber 67% der Kommanditeinlage.
Für eine Beteiligung von 100.000
EURO bedeutet das in Zahlen:
Rückzahlung der Ausschüttungen |
€ 20.000
|
Übergangsgewinn € 67.000
Steuersatz 25% +Soli |
€ 17.671
|
Gesamtaufwand |
€ 37.671
|
Der Durchschnittssteuersatz ist
nur mit 25% angenommen. Bei 30% sprechen wir schon von einer Steuerbelastung
von € 21.205.
Dagegen steht der Nachschuss mit
nur € 15.000, einem Gewinnvorab von 10% und voller Rückzahlung
des Nachschussbetrages. Das Schiff wird objektiv noch 12 - 14
Jahre fahren können und bei einer Verschuldung von nur noch
USD 3,7 Mio. wäre es ein wirtschaftlicher Wahnsinn, diesem
Schiff nicht zu helfen.
Ein Worst Case Szenario für
das Sanierungskonzept sollte sinnvoller Weise davon ausgehen,
dass in 2010 komplett keine Einnahmen erzielt werden und in 2011
erst wieder in Höhe der Schiffsbetriebskosten. Damit schafft
man eine solide Ausgangsbasis und kann eine wirtschaftlich sinnvolle
Prognoserechnung erstellen. Der so ermittelte Liquiditätsbedarf
ergibt den %-Satz des Nachschussbetrages. Dieser sollte zwischen
10 und 25% der Kommanditbeteiligung im Maximum liegen. Beträge,
die darüber hinaus gehen, lassen das Konzept zweifelhaft
werden, weil es fraglich ist, ob die ausgelobte Vorabvergütung
und das Nachschusskapital zurückgeführt werden können.
Bei der Rückführung des
Nachschusskapitals und dessen Vorabvergütung sollte darauf
geachtet, dass der Bogen nicht überspannt wird. Sicherlich
ist die sinnvollste Lösung, wenn der Nachschussbetrag mit
einer Vorabvergütung von 10% honoriert wird und das Nachschusskapital
zu 100% im Verlauf der Restlaufzeit der Schiffsgesellschaft an
die Anleger zurückgezahlt wird. Diese Variante ist die gebräuchlichste.
Dubios erscheinen Modelle, wo neben der hohen Vorabvergütung
deutlich mehr als das nur das eingezahlte Nachschusskapital als
Rückfluss ausgelobt werden. Dies ist sicherlich vordringlich
bei Schiffen der Fall, die grenzwertig sind in der Frage Sinn
oder Unsinn einer Sanierung.
Vielfach wird das Nachschusskapital
mit deutlich höheren Stimmrechten in der Gesellschafterversammlung
für Beschlussfassungen belegt. Darin könnte sehr viel
Streitpotenzial enthalten sein. Der Kommanditist, der nachschießt
ist nur ein Primus inter Pares und sollte nicht so extrem überprivilegiert
werden. Zu hohe Stimmrechtsanteile könnten für die Normalanleger
zu schlechten Ergebnissen führen und dann kann Streit vorprogrammiert
sein.
FAZIT:
Die Sanierung notleidender Schiffsgesellschaften
kann absolut sinnvoll sein, wenn sowohl die Geschäftsführung
anhand der aufgezeigten Fragestellungen das Sanierungskonzept
sorgfältig erarbeitet und die Gesellschafter diese Konzepte
schlüssig nachvollziehen können. Eine entsprechende
offene Kommunikation zwischen Geschäftsführung, Beirat
und Gesellschaftern wird sicherlich zum Gelingen solcher Konzepte
beitragen.